Der Schwarzmarkt
Was ist ein Schwarzmarkt?
Der Schwarzmarkt ist ein geheimer, verbotener Markt, auf dem Waren
gehandelt werden, die nur eingeschränkt im Angebot sind und für
die zumeist staatlich fixierte Höchstpreisen gelten oder deren Handel
an sich verboten ist. Der illegale Schwarzmarkt funktioniert innerhalb
seiner Grenzen nach den Regeln des freien Marktes. Die Schwarzmarktpreise
repräsentieren den eigentlichen Marktwert. Da es beim Schwarzmarkt
keine ordentliche Rechtsprechung gibt, gilt bei Auseinandersetzungen meist
das „Recht des Stärkeren“. Schwarzmärkte waren schon in früher
Zeit bei den Pharaonen oder im späten Rom bekannt. Sie sind bis heute
ein ständiger Begleiter von wirtschaftlichen Mangelsituationen.
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Vorgeschichte:
Schleich- und Tauschhandel während des Krieges
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Noch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 28. August 1939, wurde
in Deutschland das Verteilungssystem über Marken und Bezugsscheinen
eingeführt. Mit ihrer Hilfe sollte eine gerechte Versorgung der Bevölkerung
mit bestimmten Lebensmitteln, Konsumgütern, Kleidung sowie Heiz- und
Treibstoffen während der Kriegszeit gewährleistet werden. Oft
deckten die zugeteilten Waren allerdings nicht den tatsächlichen Bedarf.
Im Verlaufe des Krieges wurde der Mangel darüber hinaus so groß,
dass oft selbst die geringen Rationen auf den Karten und Bezugsscheinen
nicht mehr zugeteilt werden konnten. |
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Reichskleiderkarte
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Deutsche Zigaretten aus der Kriegszeit
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Aus der Not heraus entwickelte sich daher ein stetig wachsender
illegaler Tausch- und Schleichhandel mit Lebensmitteln und verknappten
Waren. (Beim Tauschhandel wurde Ware gegen Ware getauscht, während
beim Schleichhandel unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Ware gegen
Geld gehandelt wurde – wobei etwa ab 1942/43 oft Tabakwaren zum „neuen
Geld“ avancierten.) |
Das Ausmaß an Aktivitäten im Zusammenhang mit dieser illegalen
Untergrundwirtschaft stieg beständig an. Hierzu zählten neben
dem verbotenen Handel vor allem der Diebstahl rationierter Waren aus Verkaufsräumen
und Depots, Diebstahl von Feldfrüchten und Postpaketen (auf Diebstahl
von Feldpostpaketen stand die Todesstrafe), unrechtmäßiger Bezug
und Fälschungen von Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen sowie Schwarzschlachterei
und Schwarzbrennerei.
Als sich die Lebensmittelzuteilung schließlich dem physischen
Existenzminimum näherte und die Belieferung mit Waren nahezu komplett
zusammengebrochen war, ließen sich manche Lebensmittel, Gebrauchsgüter,
Bekleidung und notwendigste Haushaltsgeräte nur noch auf illegalem
Weg beschaffen – der Hunger und die Not wurden so groß, dass selbst
die drakonischen Gegenmaßnahmen von Seiten des Staates die illegalen
Aktivitäten nicht eindämmen konnten. |
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Nährmittelkarte 1943
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Die Zwangswirtschaft hatte eine neue Kriminalität „produziert“,
welche die Strafgerichte an ihre Belastungsgrenze brachte. Allein von 1939
bis Mitte 1943 wurden 59 253 „Vergehen und Verbrechen“ nach Maßgabe
der Kriegswirtschaftsverordnung von 1939 und Verbrauchsregelungs-Strafverordnung
von 1940 abgeurteilt.
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Vor dem Volksgerichtshof, der als politisches Gericht zur Ausschaltung
der Gegner des NS- Regimes eingerichtet worden und für die Aburteilung
von Hoch- und Landesverrat, Wehrmittelbeschädigung, Feindbegünstigung,
Spionage und Wehrkraftzersetzung zuständig war, wurden von 1939 bis
1944 13 087 Personen wegen Vergehen gegen diese Verordnungen angeklagt.
5142 davon wurden als „Volksschädlinge“ zum Tode verurteilt. |
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Der Volksgerichtshof unter dem Vorsitzenden Dr.
Roland Freisler, Sitzungsbeginn
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Das Thema wurde z.B. in Propaganda- Kurzfilmen mit
"Tran und Helle" behandelt, bei denen der leicht beeinflussbare und immer
auf seinen Eigennutz bedachte Tran von dem linientreuen Helle über
sein volksschädigendes Verhalten aufgeklärt und auf den Pfad
der Tugend zurückgeführt wird. Beispiel für einen Kurzfilm
in "Bild und Text" hier. |
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Besonders scharfe Abschreckungsurteile sollten in Verbindung mit
Propagandaaktionen die Bevölkerung wieder in die richtigen Bahnen
lenken Dennoch wird im geheimen Lagebericht des Sicherheitsdienstes der
SS noch im Januar 1944 festgestellt:
„Sicher wird den Volksgenossen der Schleichhandel
zum Zweck des Verdienens streng verurteilt. Aber es findet niemand etwas
daran, kleine Mengen Butter oder ein paar Eier oder 2 bis 3 kg Mehl für
seinen eigenen Gebrauch gegen Geld oder im Tauschhandel zu erwerben. Die
Auffassung darüber ist eher die, daß man eigentlich dumm sei,
wenn man nicht versuche, sich auf verbotenem Wege etwas zu beschaffen.“ |
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Was der Bevölkerung vor allem bei der Verfolgung der illegalen
Tätigkeiten durch die staatlichen Behörden missfiel, war die
offensichtliche Ungleichbehandlung der Täter sowohl bei der Verfolgung
und Inhaftierung, beim Strafverfahren, beim Urteil und der Vollstreckung
als auch der Urteilsveröffentlichung und ferneren Behandlung. Zwar
hatte Hitler verfügt, dass man in Fällen von kleinere Delikten
im Rahmen des Eigengebrauchs vor allem bei Hausfrauen Milde walten lassen
sollte, aber während man ansonsten auch schon für kleine Betrügereien
außerordentlich hart bestraft wurde, blieben hochrangige Personen
aus Partei und Wehrmacht meist straffrei.
Wie 1942/43 im Fall des Berliner Delikatessenhändlers Nöthling,
der namenhafte Kundschaft zentnerweise mit Lebensmitteln versorgt hatte
(u.a. Reichsinnenminister Frick, Reichserziehungsminister Rust, Reichsaußenminister
Ribbentrop, Reichsernährungsminister Darré, Reichsarbeitsführer
Hierl, Generalfeldmarschall von Brauchitsch, Großadmiral Raeder und
Generalmajor von Grolman). |
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Stadtküche Nöthling, Schloßstraße
28,
Berlin-Steglitz, 1948
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Um einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, entschied Hitler
persönlich, dass ein Strafverfahren nicht in Frage komme. Das Problem
erledigte sich von selbst als Nöthing sich im Mai 1943 einer Bestrafung
durch „Selbstmord“ entzog. Welchen Unmut diese Ungleichbehandlung in der
Bevölkerung hervorrief, wird in diesem Spruch aus der Kriegszeit deutlich:
„
Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen,
die ganz Großen bekommen noch etwas hinzu.“
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