Die Schwarzmarktzeit 1945-1948
.
Kleines Wörterbuch mit zeittypischen Begriffen:
.
Displaced Person: (abgekürzt: DP) aus dem
Englischen für eine „Person, die nicht an diesem Ort beheimatet ist“,
bezeichnet eine Zivilperson, die sich aufgrund von Kriegsfolgen zwangsweise
außerhalb ihres Heimatstaates aufhält.
Der Begriff „Displaced Persons“ wurde im Zweiten Weltkrieg und der
Nachkriegszeit von den Alliierten vor allem für die Zwangsarbeiter
und Zwangsverschleppten der NS-Herrschaft verwendet, die sich nach April
1945 in Deutschland aufhielten. Er bezog sich aber auch auf andere durch
die Nazis zwangsweise Deportierte, auf von den Nazis verfolgte Staatenlose
und ehemalige KZ-Insassen, die durch die NS-Gesetzgebung heimatlos geworden
waren. |
.. |
Displaced Persons, 1945
|
.
Josef Kardinal Frings
|
.. |
Fringsen: Synonym für „organisieren“ von Lebensmitteln
und Heizstoffen, benutzt in Köln und der weiteren Umgebung. Der Begriff
bezog sich auf Kardinal Frings, der in seiner Silvesterrede von 1946 in
der St. Engelbert Kirche in Köln-Riehl den Mundraub mit Gottes Segen
„legalisierte“: "Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne
das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seiner Gesundheit notwendig
hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht
erlangen kann." |
.
Grüne Grenze: Bezeichnung für einen Grenzabschnitt,
der zwar nicht für einen Grenzübertritt vorgesehen, der aber
auch nicht gegen solche Übertritte gesichert oder bewacht ist, wie
zum Beispiel offene Wiesen, Wälder oder Gebirge. Nach dem Krieg entwickelte
sich zwischen den Besatzungszonen ein reger illegaler Grenzverkehr über
die "Grüne Grenze". Viele versuchten auf diese Weise mit ihrem letzten
Hab und Gut vom Osten in den "goldenen Westen" zu gelangen. Andere, zog
es in den Osten, um von dort aus Schnaps, der im Osten reichlich vorhanden
war, in die Westzone zu schmuggeln. |
. |
Über die Grüne Grenze bei Lübeck- Eichholz
in die britische Zone, September 1947.
|
.
|
|
Hamstern: sich knapp gewordene Lebensmittel verschaffen, besonders
von Bauern auf dem Land. Der Begriff "Hamstern" wurde ursprünglich
von Reichspropagandaminister Goebbels während der NS-Zeit geprägt
und sollte diejenigen anprangern und kriminalisieren, die ähnlich
dem Hamster, Vorräte aufhäuften und diese damit egoistisch der
„Volksgemeinschaft“ entzogen. In der Nachkriegszeit als „Hamstern“ für
viele überlebenswichtig wurde, verlor der Begriff diese negative Bewertung. |
.
Hopfenbrause: Dünnbier mit einer Stammwürze und einem
Alkoholgehalt von unter 2 %. Bei diesem auch Nachbier oder Speisebier genannten
Getränk werden die benutzten Reste der Gerste oder des Weizens aus
der Produktion des normalen „Dickbieres“ noch einmal verwendet, um einen
weiteren Sud aufzusetzen, der meist kein oder wenig Malz enthält. |
... |
Auch in der Bitburger Brauerei wird von August
1945 bis 1949 Dünnbier produziert.
|
.
|
.. |
Kompensieren: zahlen mit Waren statt mit Geld, (v. lat.: compensare
für „ausgleichen“, „ersetzen“). In der Nachkriegszeit waren Kompensationsgeschäfte
für viele Betriebe überlebensnotwendig, da viele Materialien,
Werkzeuge und Maschinen gegen Geld, das beständig an Wert einbüßte,
nicht zu bekommen waren.
Linkes Bild: Die Dachziegel der Kirche in Meerbeck,
die heute noch auf dem Dach sind, wurden in einem Kompensationsgeschäft
– Deputatkohlen die von Gemeindemitgliedern zur Verfügung gestellt
wurden – gegen Dachziegel getauscht. |
.
Muckefuck: Ersatzkaffee, der z.B. aus Gerste, Malz,
Roggen, Eicheln, Bucheckern, Feigen oder Zichorien hergestellt wird. Im
Gegensatz zu echtem Kaffee enthält Getreidekaffee kein Koffein. Vermutlich
ist die Bezeichnung aus den Begriffen „Mucke“ für braunen Holzmulm
und fuck für „faul“ entstanden. Eine andere Theorie hält die
Eindeutschung von „Mocca Faux“ aus dem Fränzösischen für
möglich.
Rechtes Bild: Werbeschild für Bonisto Ersatzkaffee |
... |
|
.
|
.. |
Nissenhütten: Notunterkünfte aus Wellblech. Die Bezeichnung
geht zurück auf Peter Norman Nissen, der im Ersten Weltkrieg für
die britische Armee eine Wellblechhütte mit halbrundem Dach entwickelte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Nissenhütten in Deutschland
tausendfach zur Unterbringung von Ausgebombten, Flüchtlingen und Vertriebenen
verwendet.
Linkes Bild: Nissenhütten für Bergarbeiter
im Ruhrgebiet,1947 |
.
Normalverbraucher: war jemand, dem bei der Zuteilung von Lebensmittelrationen
während der Kriegs- und Nachkriegszeit keine besonderen Vergünstigungen
gewährt wurden, wie sie z. B. von Schwerarbeitern, Kindern und werdenden
und stillenden Müttern in Anspruch genommen werden konnten. Der Name
"Otto Normalverbraucher" wurde bekannt durch den deutschen Spielfilm "Berliner
Ballade" von 1948, in dem Gerd Fröbe die fiktive Figur des "Otto Normalverbrauchers"
spielt, einem heimkehrenden Wehrmachtssoldaten, der lernen muss, sich im
zerstörten Berlin der Nachkriegszeit zurecht zu finden. Heute beschreibt
der Begriff "Otto Normalverbraucher" in der Marktforschung den durchschnittlichen
Verbraucher. |
.. |
|
.
|
.. |
Organisieren: illegales Beschaffen von Lebensmitteln und Brennstoffen.
Linkes Bild: Lohnend war der Kohlenklau an den Bahndämmen,
an denen die langen Züge ohne ausreichende Wachmannschaften standen. |
.
Persilschein: umgangssprachlicher Ausdruck für den Meldebogen
der Alliierten, der im Zuge der Entnazifizierungsmaßnahmen mutmaßlichen
nationalsozialistischen Straftätern aufgrund einer enlastenden Aussage
von Opfern oder ehemaligen Gegnern bescheinigte, keine Kriegsverbrechen
begangen zu haben. Er war nötig, um ein Geschäft zu eröffnen,
eine Wohnung oder auch eine Arbeit zu bekommen. Zurück geht der Begriff
auf das Waschmittel Persil und spielte darauf an, dass mit der Bescheinigung
die betroffene Person quasi von einer nationalsozialistischen Gesinnung
"reingewaschen" wurde und man ihre eine "weiße Weste" attestierte. |
. |
Persilschein
|
.
|
.. |
Puderzug: fahrbare Entlausungsstation, in der bis zu 2000 Menschen
täglich die DDT-Puderung mit Flitspritze (Handpumpe mit Zerstäuber)
erhalten. Den DDT-Geruch hatte man noch tagelang danach in der Nase.
Linkes Bild: Von den Briten ausgestellte Bescheinigung
aus dem Durchgangslager Bad Segeberg über Transportfähigkeit
und erfolgte Entlausung. |
.
Schieber: umgangssprachlich jemand, der auf dunklen Wegen Geschäfte
macht; er verschiebt z. B. Hehlerware. Der Großteil der Schieber
während der Schwarzmarktzeit in Deutschland war männlichen Geschlechts.
Darunter viele Jugendliche.
Rechtes Bild: Jugendliche Schieber in Bremen |
.... |
|
.
|
.. |
Stoppeln: bezeichnet die Suche nach übriggebliebenen Ähren
oder Kartoffeln auf abgeernteten Feldern
Linkes Bild: Ein alter Mann sucht nach Ähren.
Rechtes Bild: Kartoffelernte 1946. Wenn alles abgeerntet
ist, pfeift ein Polizist und die Städter dürfen nach verbliebenen
Kartoffeln graben. |
.. |
|
.
|
. |
Trizonesien: Umgangssprachliche Bezeichnung für die von
den drei westlichen Siegermächten USA, Großbritannien und Frankreich
besetzte Zone. Eine Trizone im staatsrechtlichen Sinne ist nie entstanden.
Der 1948 geschriebene Karnevalsschlager "Wir sind die Eingeborenen von
Trizonesien" wurde zeitweise zum „Nationalhymnenersatz“, wie beim ersten
internationalen Radrennen in Köln 1949. Das Ausland reagierte teilweise
irritiert auf den Text, da der selbstironische Charakter des Liedes nicht
sofort erfasst wurde:
"Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien, Hei-di-tschimmela,
tschimmela-bumm, Wir haben Mägdelein mit feurig-wildem Wesien... Wir
sind zwar keine Menschenfresser, doch wir küssen umso besser... Mein
Lieber Freund, Die alten Zeiten sind vorbei, ob man da lacht, ob man da
weint, Die Welt geht weiter, eins, zwei, drei..." |
.
Copyright © 2008 LG3949.de
|